LISA UND DER ACONCAGUA: Sonstige Herausforderungen am Berg


Teil sieben der Serie „Lisa und der Aconcagua“.

Was gibt es neben der Höhe und der körperlichen Anstrengungen, sowie den Komforteinschränkungen noch für Herausforderungen am Berg?

Die permanente Kälte ist für mich eine der größten Herausforderungen. Ich persönlich habe selten bis kaum das Gefühl gehabt, dass mal mein ganzer Körper wohlig warm ist. Tagsüber beispielsweise waren meine Füße in den Stiefel und bei Bewegung immer schön warm – dafür haben meine Hände und mein Oberkörper im Wind teilweise stark gefroren. Nachts war es fast unmöglich die Füße warm zu bekommen, dafür konnte ich auf dem Rücken liegend mit meinen Händen unterm Po die Hände ganz gut warmhalten. Die Nase ist dagegen eigentlich immer kalt – wenn man das Buff drüberzieht, bekommt man nach wenigen Minuten das Gefühl zu ersticken.

Schlafmangel macht einen langsam mürbe. Schlafmangel am Berg kann unterschiedliche Ursachen haben wie bereits genannt: Wind und Kälte, Zelt-/Matten-/Schlafsacksituation zu ungemütlich und der unfassbar nervige nächtliche Harndrang. Dazu kommt dann noch der geringe Sauerstoffgehalt – der führt dazu, dass man fast stündlich wach wird und dazwischen träumt man verstörende Dinge.

Rest day: Nicht immer ein Genuss.

Rest Days! Klingt komisch, aber Rest Days haben verschiedene negative Aspekte. Zum einen sind sie lang und dabei eben ohne zusätzlichen Komfort – sie verlängern in den High Camps nur „das Leiden“. Weil man nichts zu tun hat, denkt man an Rest Days mehr nach – das ist nicht hilfreich. Man denkt über sich und seine Verfassung nach, über die Verfassung der Kollegen (im schlimmsten Fall vergleicht man und versucht daraus irgendwas für die vor einem liegenden Etappen abzuleiten – was völliger Quatsch ist). In Camp 2 habe ich mal einen ganzen Rest Day lang versucht ein Sudoku zu lösen. Ich bin erstens nicht fertig geworden und zweitens habe ich einen Fehler gemacht (was mir noch nie passiert ist), aber ich habe einen ganzen Tag dafür gebraucht. Das war vermutlich einer der besten Rest Days.

Wie geht es weiter?

Eine weitere große Herausforderung ist die ständige Ungewissheit. Ungewissheit, wie es einem selbst am nächsten Tag gehen wird. Ungewissheit, wie sich das Wetter entwickelt. Schaffen wir es bis zum nächsten Camp oder müssen wir umplanen oder sogar umkehren? Das Wetter am Aconcagua ist aufgrund der Nähe zum Ozean anders als bei anderen Bergen unberechenbar. Man sagt, dass nur 6 von 10 Besteigungen erfolgreich sind (ähnlich wie beim Everest), was hier vor allem am Wetter liegt. Ab Tag 5 wurde immer häufiger über die Wettervorhersage gesprochen – diese sollte bis Tag 11 fantastisch sein! Aber unser Gipfeltag war erst für Tag 14 geplant und aufgrund der beiden HAPE Fälle war es unsinnig über eine Beschleunigung unseres Programms zu sprechen. Zumal uns ein oder zwei Tage schneller nicht geholfen hätten. Für die Tage 12 bis 18 (später sogar bis 21) waren so starke Winde vorhergesagt, dass ich mich im Verlauf der Tage damit abgefunden habe, dass es für uns keinen Gipfel geben wird. Das machte die Aussicht auf noch einige weitere Tage in dieser Umgebung aber noch unattraktiver.

Bei Levi hat es dazu geführt, dass er an Tag 11 vorm Aufstieg von Camp 1 zu Camp 2 entschieden hat, umzukehren und nicht weiter aufzusteigen. Jetzt waren wir nur noch 6 Männer und 3 Frauen.

Aufgrund der bereits jetzt schon stärker werdenden Winde, haben unsere Guides unsere Chancen zu Camp 2 zu gelangen auf 50% geschätzt. Für den Aufstieg zu Camp 3 am darauffolgenden Tag gaben sie uns 30% – für den Gipfel 0%. Wir würden ihn – falls wir es bis Camp 3 schaffen würden – ausfallen lassen und nur auf der anderen Seite zum Base Camp Plaza de Mulas absteigen, um unsere 360 Grad Route weiterzuverfolgen. Würden wir es nicht bis Camp 3 schaffen, müssten wir umdrehen auf der Route auf der wir gekommen sind.

Wir alle hofften auf ein Wunder und gleichzeitig waren wir enttäuscht und demotiviert bei den Aussichten. Auf eine Rückkehr durch das Valley de Vacas hatten wir alle keine Lust. Konnten wir es schaffen bis Camp 3?

Bisher erschienen

LISA UND DER ACONCAGUA: AMS UND HAPE (6)

LISA UND DER ACONCAGUA: DIE HIGH CAMPS (5)

LISA UND DER ACONCAGUA: HYGIENE AM BERG (4)

LISA UND DER ACONCAGUA: DAS TEAM UND DIE TARANTELN (3)

LISA UND DER ACONCAGUA: DIE VORBEREITUNG UND DIE AUSRÜSTUNG (2)

LISA ERNEUT „ON TOUR“ (1)

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