Gpsies-Link: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=cidlyffrkvcrrvrh, Länge: 13,43km
Der heutige knapp 14 Kilometer lang Lauf beginnt Am Flohbusch, Ecke Deußstraße – also ein paar Meter hinter der 1985 gebauten Brücke über den Europaring. Gottschalk Floh, Samtfabrikant und von 1805 bis 1814 Krefelder Bürgermeister, kaufte 1806 aus säkularisiertem Kirchenbesitz 170 Morgen des Bockumer Waldes, der seither Flohbusch genannt wurde. Seidenbaron Wilhelm Deuß wiederum hatte auf der „anderen“ Seite Land, das er 1897 der Stadt schenkte – immerhin 35 Hektar groß. Mit zwei Schenkungen ermöglichte er zudem den Zukauf von weiteren Flächen und schuf so den Stadtwald, den wir aber heute nicht durchlaufen werden.
Die ruhige Straße Am Flohbusch eignet sich sowohl dazu, sein Fahrrad hier anzuketten oder sein Auto abzustellen. Die Strecke führt uns zunächst über den Hermann-Kresse-Weg, der hier für ein kurzes Stück asphaltiert ist. Kresse war der Obergärtner auf dem Anwesen der Familie von Scheven am Busenpfad 48, gründete 1921 den Gartenbauverein Verberg und war auch Mitbegründer des Stadt- und Kreisverbandes der Gartenbauvereine. Zunächst geht es an der Holtmoers, einem kleinen See, vorbei, der nicht nur Anglern, sondern auch mittlerweile den Gänsen gefällt. Achtung: Tretminen! Der Moersbach, ein Fließwasser der zweiten Ordnung, mündet hier aus Richtung Stadtwald kommend hinein. Kurz hinter der Heyenbaumstraße wechselt der Weg seinen Untergrund, es wird nicht mehr auf Asphalt gelaufen, sondern nun auf Schotter, der rötlich schimmert. Ihm verdankt der Weg seinen Namen: „roter Weg“ nennen die Verberger und Traarer die Verbindung zwischen ihren beiden Stadtteilen. Einst verkehrte hier die Straßenbahn nach Moers. 1909 wurde der Abschnitt nach Traar fertiggestellt. Es dauerte jedoch einige Jahre, bis der Anschluss nach Moers hinzukam. 1918 wurde die Strecke zunächst für den Güterverkehr geöffnet, 1920 dann auch für den Personenverkehr. Heute erinnert auf Krefelder Gebiet nichts mehr an den Verlauf der ehemaligen Linie 12, die am 2. November 1963 eingestellt wurde. 1997 schlug ein Gutachten den Wiederaufbau der Straßenbahnstrecke nach Moers vor, doch das Vorhaben wurde nicht umgesetzt. Dann müssen wir eben laufen – und zwar durch ein einzigartiges Biotop hindurch, den Nieper Kuhlen, einem verlandeten Rheinarm.

Dieser ist schon für die wie Perlen aneinandergereihten Grünflächen in Bockum verantwortlich und vollzieht sich durch viele Schleifen, mal größer, mal kleiner bis weit hinter Issum. Die Rinne ist sogar noch weiter, bis zur Maas, zu verfolgen. Die Nieper Kuhlen enstanden als Folge mehrerer Eiszeiten, die den Rhein immer wieder in seinem Verlauf beeinflussten. Wahrscheinlich zwischen 8000 und 4000 vor Christus kam es zu einer Abtrennung vom Hauptstrom und damit zu einer langsamen Verlandung. Die größeren Teiche sind größtenteils mit Grundwasser vollgelaufene Tagebaugruben. Vom 18. bis späten 19. Jahrhundert wurde an vielen Stellen die im Niedermoor gebildete, etwa ein bis zwei Meter dicke Torfschicht abgebaut. Der Torf diente als Brennstoff für den Hausbrand. Teilweise wurde auch die darunterliegenden Grieserde gewonnen, die zur Bodenverbesserung von Ackerland benutzt wurde.
Hier, auf unserem Weg, lädt eine Aussichtsplattform an der Verberger Kull zum verweilen ein. Sie bietet ein eindrucksvolles Bild auf eine verwunschene Landschaft. Baumstümpfe ragen aus dem Wasser, Vögel lassen sich treiben, Libellen summen in der Luft. Wikipedia schreibt: „Der Niepkuhlenzug mit seinen ökologisch wertvollen Feuchtgebieten bildet eines der wichtigsten Biotopsysteme des Niederrheines, viele Abschnitte stehen unter Naturschutz.“ So auch die Riethbenden, die wir nun erreichen. Es gibt kaum einen Jogging-Hotspot in Krefeld, an dem es morgens schöner ist als hier. Die Sonne schiebt sich langsam im Osten hinauf, still ruht der See, die Vogelwelt ist schon erwacht. Im Winter dampft das Wasser, was zu eine traumhaften Kulisse führt. Der Busenpfad, den wir gerade überquert haben, hat übrigens nichts mit dem besonders hübschen Vorbau der dortigen Bewohner zu tun, sondern erinnert lediglich an den Pousen-Hof, der einst auf Hausnummer 100 stand. Haus Scheven ist schemenhaft auf der rechten Seite zu erkennen.
Nach rund einen fünfhundert Metern verlassen wir den „roten Weg“ nach links und biegen auf die Maria Sohmann-Straße. Maria Sohmann war Mitarbeiterin und Wohltäterin beim Krefelder Frauenverein für Wöchnerinnen und Säuglingsfürsorge. 1909 spendete sie 55 000 Mark an den Verein. Hinter dem Altenheim Maria Schutz hat übrigens die orthodoxe Gemeinde Krefelds ihre Heimat. Die Kapelle ist, fernab eines Laufs, auf jeden Fall einen Besuch wert. Bald wird im hinteren Bereich des Geländes auch gebaut, es wird ein Wanderweg und eine kleine Fußgängerbrücke über die Kull, die mal Maria Schutz-, mal Caritas-Kull heißt, angelegt. An der Kreuzung mit dem Luiter Weg biegen wir nach rechts, und lassen damit den Heilmannshof mit seiner großen Parkanlage links liegen. Auch hier lohnt sich ein Besuch ohne Joggingschuhe. Die Parkanlage des Heilmannshofs erhielt übrigens 2002 den Krefelder Denkmalpreis.
Nach wenigen Meter passieren wir die Kull, und biegen dann in den Kullpfad nach links. Zunächst führt uns der Weg durch Felder und an Pferdekoppeln vorbei, dann in den Henoumontwald. Er erhielt seinen Namen vom ersten Eigentümer des Hauses Traar nach der Säkularisation, dem Düsseldorfer Rechts-Professor Carl Josef Henoumont. Henoumont besaß im Raum Düsseldorf und Krefeld umfangreichen Grundbesitz, der später vererbt und dann in städtischen Besitz überging. Daraus entstand unter anderem auch dieser Wald, der noch vor einigen Jahren von vielen Radwanderer durchfahren wurde. Möglich machte dies die Brücke über die Kull. Sie gibt es zwar noch, aber seit Juli 2011 ist sie wegen Materialmängel gesperrt – schade. Wir halten uns aber eh rechts, über den gerade frisch geschotterten Weg, der sich an der Grenze zum Kreis Wesel in den Kirschkamper Busch über den Achterrahtsheidegraben zum Kirschkamper Hof schlängelt. Der ehemalige Bauernhof trägt seit 2012 wieder seinen ursprünglichen Namen (ehemals Christ-Camp) und bietet Kindern zahlreiche Freizeit-Angebote.
Zwei Optionen bieten sich nun: Über den direkt gegenüberliegenden Kirschkamper Weg am Fuße des Egelsbergs enlang oder „obendrüber“, einmal um den Flugplatz herum, was circa zwei Kilometer mehr bedeuten würden. Der Egelsberg ist, wie auch der Hülser Berg, ein Produkt der Saale-Eiszeit, eine mit Schutt, Rheinsanden und Kies überlagerte Grundmoräne. Einst nutzten ihn die Briten als Militär- und Truppenübungsplatz, heute sind die 72 Hektar, davon ein Großteil Heide, Naturschutzgebiet mit einer ganz eigenen Flora und Fauna. Wer mit Hund läuft, muss diesen auf jeden Fall hier anleinen. Landschaftswächter sind häufig anzutreffen. Am Nordwest- und Ostrand befinden sich uralte Rotbuchenwälder mit teilweise über 200 Jahre altem Baumbestand. Der heutige Flugplatz wurde mit einem großen Flugtag am 1. Juni 1969 in Betrieb genommen und bietet drei verschiedene Bahnen an. Regelmäßig finden gut besuchte Flugplatz-Feste statt.
Zurück zum Laufen: Beide Wege begegnen sich am Ende des Lilienthalweges wieder und führen zum Buscher Holzweg an der Wohnanlage der Ulrich-Lange-Stiftung vorbei. Im Jahre 1977 erhielt der „Verein für Körper- und Mehrfachbehinderte Krefeld“ durch Schenkung der Familie Lange das 17 000 Quadratmeter große Hausgrundstück zur Errichtung eines Wohnheimes für Körperbehinderte. Zwei Jahre später wurde die Wohnanlage eröffnet. 39 Menschen wohnen hier. Der Buscher Holzweg hat seinen Namen vom Buscher Hof am Ende der Straße, der Name „Holzweg“ deutet darauf hin, dass auf der unbefestigte Straßenoberfläche früher täglich Holzknüppel ausgelegt wurden, so dass nur eine Seite genutzt werden konnte.
Der Weg führt uns nun rund einen knappen Kilometer durch Traar, ehe es auf die Alte Kemmerhofstraße geht. Auch hier war ein Hof, der Kemmerhof (Hausnummer 73), namensgebend. Ihn gibt es schon seit 1298. Auch der Schmitzhof, der Horsterhof, der Beckershof und am Ende, gegenüber der Neubau-Siedlung En de Siep (Siep ist triefender Regen), der Kalverpeschhof. Das neue Gebäude, auf das wir zu laufen, ist die Kindertagesstätte Gatzenstraße, die für 3,8 Millionen Euro erbaut wurde. Das eingeschossige Gebäude bietet auf einer Grundfläche von etwa 1800 Quadratmetern Platz für sechs Gruppen mit insgesamt rund 100 Kindern, davon 30 für unter Dreijährige. Wir überqueren die Gatzenstraße (einst gab es hier den Hof „Up der Gathen“) und laufen in die kleine Straße Am Kalverpesch, die über einen Fußweg am Wallerspfad endet. Wie sollte es anders sein, auch dieser Name stammt von einem Hof, dem Wallershof. Allerdings steht dieser an der Leutefeldstraße 32. Wie aber kommt es zu dieser „falschen“ Namensgebung? Der Verberger Schullehrer Peter Wallers, tätig von 1827 bis 1845 und nur von einer Wallers-Nebenlinie stammend, kaufte das so genannte Hausmanns-Erbe, die heutige Gaststätte Kleinlosen, auf dem die älteste Verberger Schule stand. Der alte Hausmanns-Hof erhielt wegen des neuen Besitzers und seiner Nachkommen also ebenfalls den Namen Wallershof.
Direkt vor Kleinlosen ist heute der Franz-Nolte-Platz. Er war von 1925 bis zu seinem Tod 1958 Pfarrer der benachbarten Christus-König-Kirche und an der dortigen Volksschule auch Religionslehrer. Über die gerade mit 30 neuen Bäumen bestückte Zwingenbergstraße geht es nun auf die letzten Meter. Zwingenberg war einst ein kölnischer Rittersitz und Lehnshof in Verberg, erwähnt ab dem 13. Jahrhundert. Der Zwingenbergshof hat die Hausnummer 181 und steht also auf dem südlich des Rings liegenden Teils der Straße. Am Ende der Zwingenbergstraße erreichen wir Gut Heyenbaum. Der Heyenbaum dürfte ein alter Schlagbaum gewesen sein, der von einem Heyen, einem Hofschöffen, bedient wurde. Das Anwesen wird in den kommenden Monaten ein komplett neues Gesicht erhalten. Nach fast 40 Jahren hatte die Familie Lichtenberg 2014 das historische Gut (erstmals 1600 erwähnt und 1851 so erbaut, wie es heute aussieht) verkauft. Erwerber war die Kölner Bauträger-GmbH Bau & Denkmalwert, die in den fünf Trakten des Ensembles 16 Gutshäuser erstellen wird. Im Herbst soll es los gehen, Bauende ist für Ende 2016 geplant. Viele Krefelder denken mit Wehmut an die vielen Feste, die hier stattgefunden haben, sei es in der mit prächtigen Kutschen geschmückten Scheune oder in dem urigen Schankraum. Die rund drei Dutzend historischen Kutschen, die sich im Besitz der Familie Lichtenberg befinden, werden in den Reitstall Hubertus an der Gatzenstraße verlegt. Auch an die Wirtschaft soll erinnert werden.
Mit einem Rechts-Links-Schwenk landen wir auf der Heyenbaumstraße. Ähnlich wie die Gatzenstraße, die wir vorhin nur überquert und bewusst nicht gelaufen sind, ist sie mit Vorsicht zu genießen: Die vielen Einfahrten zu den Häusern sorgen für ein ständiges Auf und Ab des Gehwegs, was auf Dauer recht störend wirken und häufig zu dem ein oder anderen Stolperer führen kann. Nach knapp 400 Meter erreichen wir den Flohbusch – und biegen auf die letzten Meter. Wer immer noch nicht genug von Geschichte hat, kann sich beim erfrischenden Getränk übrigens über den „Weißen Stein“, einen alten Grenzstein, informieren, der am Flohbusch steht, von der Straße aber nur schwer zu erkennen ist. Eine Info-Tafel deutet aber an, wo man suchen kann. Er bildete einst die Ostgrenze dem Amt Kempen sowie die Grenze zwischen den Ämtern Uerdingen und Linn. Ortskundige sprechen daher vom „Drei-Ämter-Eck“.
Eine tolle Beschreibung! Ich würde gerne von meinem Blog http://www.lindabroszeit.de einen Link setzen, da ich u.a. Radtouren-und Ausflugstipps gebe, und da überschneidet sich eine Tour ziemlich mit der Lauftour. Ist das ok? Grüße aus Duisburg!
Aber gerne doch. 👍🏼👍🏼👍🏼