Knapp 3000 Frauen und Männer wurden am vergangenen Samstag in Duisburg zum Spartaner ausgebildet – ich war auf Einladung des Veranstalters einer davon. Am Ende blieb mir vom Spartan Race an der Regattabahn hauptsächlich das Gefühl, eine einzige Schürfwunde zu sein. Aua! 😉

Eigentlich sollte das Race für mich eine lockere Trainingseinheit werden. Nach den 36 Kilometern auf dem Rheinsteig am Vortag wollte ich nur ein wenig auslaufen und Spaß dabei haben. Viel hatte ich mich nicht mit dem Spartan Race beschäftigt, außer, dass ich die Distanz (13 Kilometer) kannte und wusste, dass es über ein paar Hindernisse gehen würde. Mit den Erfahrungen einiger Starts beim Strongmanrun dachte ich, das wird schon irgendwie passen. Und dass der Veranstalter von sich selber behauptet, der beste und härteste in diesem Segment zu sein, hakte ich als das übliche Säbelrassen ab. Fehler!
Weil mein Terminplan am Samstag eng getaktet war, hatte ich mich in den ersten Startblock, der um 9 Uhr auf die Strecke durfte, eingebucht – ohne wirklich zu wissen, was ich mir damit antat. Denn dadurch fand ich mich im sogenannten „Super Elite Heat“ wieder. Um mich herum fast ausnahmelos durchtrainierte (also wirklich durchtrainierte) Frauen und Männer, bis in die Haarspitzen motiviert und scheinbar bereit, über Leichen zu gehen. Ist es bei normalen Laufwettbewerben unüblich (und durchaus auch verpönt) mit nacktem Oberkörper zu starten, so gilt hier ganz offensichtlich: Zeig her, was du hast. Dadurch sind nicht nur etliche großflächige Tätowierungen zu sehen, sondern auch Brust- und Bauchmuskeln jenseits der Normalität. Und ich? Stehe da wie ein kleiner Schuljunge, eingepackt im Triathlon-Einteiler, ohne Sixpack und so. Meine allergrößte Frage: Können die auch laufen? Das kann ich bekanntlich einigermaßen, wenn auch an einem anderen Tag, aber das kann auch der Großteil im „Super Elite Heat“, dem Startblock für die besonders Fitten, wie sich zeigen wird. Unangenehmer Nebeneffekt dieses Blocks übrigens: Dir darf bei den Hindernissen keiner helfen und du hast auch nur einen Versuch. Beim Scheitern folgen unweigerlich 30 Burpees. „Der Marschall ist das Gesetz“, sagt der Einpeitscher, der auch gut in Wacken zu gebrauchen wäre, kurz vor dem Start – und was er damit meint, merke ich später.
Sandsäcke, Baumstämme, Steinkugeln, Stahlketten, Autoreifen
Und dann geht es los – verdammt fix. Die erste Reihe, allesamt gekonnte OCR-Wettkämpfer (OCR steht für Obstacle Course Racing, also Hindernisrennen), spurtet los, als seien die Perser höchstpersönlich hinter ihr her. Ich lasse es dagegen ruhig angehen, mit einem knappen Fünfer-Schnitt will ich die Laufpassagen absolvieren. So zumindest der Plan. Nach 500 Metern geht es erstmals über eine, noch recht überschaubare, Holzwand, dann im Krabbelgang unter ein Netz hindurch – ebenfalls noch ganz easy. Schwieriger wird es dann aber so gleich: 25 KG schwere Sandsäcke über rund 400 Meter schleppen macht keinen Spaß. Das gilt übrigens auch für die kommenden Schlepp-Aktionen mit Baumstämmen, Steinkugeln, Stahlketten oder unhandlichen Autoreifen, die einem zusätzlich noch die Schultern zerschneiden. Wie dem auch sei: Für Sparta-Anwärterin Verena ist das Rennen hier schon beendet. Samt Sandsack ist sie im Matsch umgeknickt, Tränen kullern. „Lauft weiter, bei mir geht es nicht mehr“, ruft sie ihren Mannschaftskolleginnen noch zu, um dann den symbolischen Heldentod zu sterben. Tragik. Denn schließlich will am Ende, also auf der Ziellinie, jeder ein Spartaner sein. „You will know at the finish line“, prangt es schließlich auf dem Werbeflyer.

Nach der Sandsack-Arie heißt es erst einmal laufen. Angenehm. Doch das nächste Hindernis wartet schon. Durchs Dickicht einen Hang hinauf und wenig später in das Wasser eines der vielen Gewässer rund um die Regattabahn. Zwei Kilometer zeigt meine Uhr, als ich im Barbarasee gegen einen Betonklotz unter Wasser knalle. Der Kollege vom DLRG hebt verdutzt die Arme. Könne er ja auch nicht wissen, so sein Kommentar. Das Blut rinnt mein Bein hinunter, Erinnerungen an eine ähnliche Verletzung beim Transalpinerun werden wach. Ganz so schlimm wie damals ist es glücklicherweise nicht, aber ich will nicht wissen, welche Bakterien sich aus dem Brackwasser gerade in der Wunde suhlen. Kopf aus, Beine in die Hand, wieder ein paar hundert Meter laufen.
Hochachtung übrigens für die Streckenführung: Geht es bei der Winterlauf-Serie ja klassisch und durchaus ermüdend über die Straßen und Wege, so treiben einen die Macher des Spartan Race über bislang unbekannte Pfade – oder halt durch das Gebüsch. Dornen reißen sich dabei genüsslich in die Oberschenkel, Brennessel nagen an den Waden und ständig lauert die Gefahr, im Dickicht auf einem der vielen Äste umzuknicken. Konzentration ist also auf jeden Fall gefragt.
Schon bald habe ich die Spitze der Regattabahn erreicht, jetzt folgen viele, viele Kehren im Wedau-Wald (heißt der so?) – und zwischendurch immer wieder Hindernisse: Balancieren auf einem Holzbalken, rauf, runter und zur Seite klettern oder mal wieder irgendetwas Unhandliches schleppen. Bei der Slackline erlebe ich dann die Unbarmherzigkeit eines weiblichen Marschalls. Ich setze nur einen Fuß darauf, um die Spannung zu testen und nehme ihn wieder herunter, um dann beginnen zu wollen. Aber nicht zu können. „Stop. Du hast deinen einen Versuch verbraucht. Du bist im Super Elite Heat. 30 Burpees bitte.“ Kurz will ich diskutieren, aber ich erinnere ich mich an die Worte zu Beginn des Rennens. „Der Marschall ist das Gesetz.“ Und so folgt Burpee auf Burpee auf Burpee. Argh. Zum Glück ist die Getränkestation nicht fern, darauf erst einmal ein Wasser.
Die folgende Stadionrunde samt Autoreifen auf den Schultern nutze ich zur Regeneration und zum Plausch mit anderen Athleten. Ursprünglich, so die aus dem Schwabenland kommende Dame in Blau, wollte sie aufs Treppchen. Das sei aber nach den Burpees gerade ad acta gelegt. Und als sie bei der nächsten Aufgabe das Gewicht auf den Boden fallen lässt, sind auch die letzten Hoffnungen begraben. Während mich diese Gewichte eher lächeln lassen, stoße ich bei den Überkopf-Übungen an meine Grenzen. Der erste Starter aus Block zwei überholt mich und schwingt sich wie ein Schimpanse von Tau zu Tau, während ich nach kurzer Überlegung in die nächsten 30 Burpees einstimme. Meine Oberarme, aber auch meine Konzentration, ist längst nicht mehr bei hundert Prozent. Ich würde wie ein nasser Sack an diesen Tauen hängen und mich der Lächerlichkeit preisgeben. Dann lieber die Burpees und einfach weiterlaufen.

Mittlerweile ist es richtig warm geworden und ich mache drei Kreuze, dass ich schon so früh gestartet bin. Um nicht gleich an irgendeinem Baum zu liegen, nehme ich deutlich Tempo raus. Who cares? Undenkbar für mich, den ganzen Parcour bei knapp 30 Grad und dieser Schwüle zu absolvieren. Über Stock und Stein geht es weiter, wieder raus an die Regattabahn. Und zwischendurch natürlich wieder klettern, schleppen und malochen. Nichts für schwache Nerven – aber bitte, Sparta war damals auch nichts für Wattebällchenwerfer.
Das Ende muss nun nah sein, meine Uhr zeigt mir, dass der letzte Kilometer beginnt. Mein Kopf sagt mir aber, dass da noch einige Hindernisse kommen, die nicht nur ekelhaft, sondern auch Burpee-verdächtig sind. Nach zwei Schwimmeinheiten im Bertasee und einem Matschbad wieder so eine Aufgabe mit meterhohen Tauen. Oder eben Burpees. Dann eine Art Klimmzug-Challenge. Oder Burpees. Ich merke, dass die Luft raus ist und zum Glück hat der Marschall hier ein gewisses Einsehen. Denn die Burpees sehen schon längst nicht mehr wie solche aus, werden aber trotzdem gewertet.
Vor den letzten beiden Kletterhindernissen wartet noch ein Spartaner-Heuballen, der mit einem Speer erlegt werden muss, dann kurz übers Feuer springen und endlich nach 1:55:32h im Ziel. Im Gesamt-Ranking ist es am Ende des Tages immerhin noch Platz 363 von über 1400 Super-Startern (weitere 1400 gingen über die Kurz-Distanz an den Start), im Super Elite Heat liege ich allerdings deutlich am Ende der Fahnenstange, 72. von knapp 90. Ich sage mir, dass wahrscheinlich keiner von den vor mir Platzierten ein ähnliches Brett am Vortag gelaufen ist, und hake das Ding damit ab. Übrigens: Charles Franzke, schon eine Nummer in Sachen OCR, gewinnt am Ende das Ding, in der wahnsinnigen Zeit von 1:05:12h. Äh, wtf???

Fazit: Was die Macher des Spartan Race hier in Duisburg angeboten haben, ist schon eine Hausnummer und nicht vergleichbar mit Strongmanrun, Tough Mudder und Co, die dagegen wie ein Kindergeburtstag im Okidoki-Land wirken. Allein diese Wege durchs Gehölz zu suchen und zu finden, zeugt von viel Kreativität, dazu die schon sehr heftigen Hindernisse – puh. Empfehlenswert ist auf jeden Fall eine Teilnahme als Duo oder Team, alleine kann das Ganze nämlich recht ermüdend wirken, sofern man nicht ausdrücklicher Fan von OCR ist. Also, Spartaner, kommt ruhig wieder – ihr wart eine Bereicherung für die Region.
Ein großes Danke geht an die Ruhrpott-Runners, die uns einige Fotos zur Verfügung gestellt haben. Und: Von Ferdinand Seidel, der unser Gewinnspiel gewonnen hatte, haben wir leider trotz Nachfrage nichts gehört. Und da er auch nicht in die Ergebnislisten auftaucht, gehen wir davon aus, dass er nicht gestartet ist. Schade…