Ja, man kann über Anna und Lisa Hahner denken, was man möchte. Ihr Auftritt bei den Olympischen Spielen in Rio hat die Kritiker bestätigt, dass die Beiden mehr Show als Sport im Sinn haben. Befeuert wurde die eigentlich schon wieder abgeflaute Kritik nun durch die Worte von Jo Schindler in der FAZ (www.faz.net/aktuell/sport/mehr-sport/kein-start-bei-frankfurt-marathon-nach-kritik-an-hahner-twins-14503884.html) nach dem Frankfurt Marathon. Doch muss das eigentlich sein?

Der Veranstalter des ältesten Stadt-Marathons Deutschlands hatte die Lokalmatadore mehr oder weniger ausgeladen, weil ihm die Art der Zwillinge in Rio nicht gefiel. Ins gleiche Horn bläst Wolfgang Konrad, der Veranstalter des Wien-Marathons, der vor einiger Zeit mit dem Manager der Twins, Thomas Dold, aneinander geraten war. Jetzt kann man Dold vorwerfen, die Zwillingen auf Teufel komm raus zu vermarkten, doch als ihr Manager ist gerade das auch sein Job. Sicherlich bietet er genug Angriffsfläche, das wiederum aber Anna und Lisa anzuhaften, ist schlechter Stil.
Gerade der Leichtathletik gelingt es selten, Typen zu generieren, die nicht auf Sporthilfe und sonstige Förderprogramme angewiesen sind. Dabei ist Erfolg sicherlich nicht verkehrt, aber eben kein Garant auf den dicken Werbevertrag. Während zB ein Jan Frodeno gerade die Szene rockt und gut davon leben kann, tut sich ein Arne Gabius, trotz deutscher Marathonbestzeit im vergangenen Jahr, schwer damit. Auf der einen Seit haben wir also Frodeno und die Hahners, die etwas schillerndes ausstrahlen, auf der anderen die Gabiusse, die mit ihren knappen Läufershorts ganz offensichtlich nicht die Massen begeistern. Das ist vielleicht nicht immer gerecht, aber nun einmal der Lauf der Dinge. Selbst in Deutschlands Volkssport Nummer eins: Mario Götze streicht trotz durchschnittlicher Leistungen Millionen an Werbegeldern ein, der dagegen viel besser spielende, aber vielleicht nicht ganz so blinkende und blitzende Toni Kroos eben nicht (was ihm bei seinem neuen Vertrag bei Real Madrid allerdings auch herzlich egal sein dürfte). Dem Laufsport im Allgemeinen tut es aber sicherlich nicht weh, auch ein paar Sternchen zu haben. Ganz ehrlich: Wenn in Frankfurt, Wien, Hamburg oder Berlin die Kenianer vorneweg marschieren, mag das vielleicht sportlich hochwertig sein. Dem Zuschauer bleibt das aber wohl kaum haften. Wenn nun aber eine oder beide Hahners laufen, dann bekommt er das mit und kann sich das auch merken. Ist das so schlimm? Nein, das ist Show. Und zwar genau die, die sich doch jeder Veranstalter eines Laufs wünscht.
Zudem: Die Hahners sind durch viel Trainingsfleiß da, wo sie sind (immerhin Marathon-PB von 2:26 und 2:28h), das kann man ihnen nicht absprechen. Nicht viele können diese Zeiten laufen, und sie haben, das muss man ihnen ebenfalls zugestehen, die Olympia-Norm eben erfüllt. Das gelang nicht jedem, der es angestrebt hatte. Gerade das sollte mit Respekt behandelt werden.
Ja, sie haben in Rio nicht ihre Leistung gezeigt – warum auch immer. Sie hatten aber mit Sicherheit nicht zu Beginn des Rennens im Sinn, bei 2:45h Hand in Hand zu finishen. Jeder, der einmal bei einem Rennen einen schlechten Tag erwischt hat, weiß, dass man am Ende einfach froh ist, wenn es vorbei ist. Und wenn dann da eine vertraute Person ist, die einem Halt (und eine Hand) gibt, ist es bestimmt nicht verwerflich, diesen Halt anzunehmen. Und dabei zu lächeln.
Die Olympiaqualifikationszeit wurde für die beiden von 3.28 auf 3.30 gesenkt sonst wären die beiden Frohnaturen nicht in Rio gewesen.
Natürlich gehört Öffentlichkeitsarbeit als Profisportler dazu. Die Frage ist halt immer was steht im Fokus. Ist man in erster Linie Sportler oder in erster Linie Promi. Hier ist bei den Beiden für viele, gerade die die aus dem Leistungssport kommen, die Gewichtung aus den Gleichhfewicht geraten.
Eine berechtigte Frage ist ob man eine schlechte Leistung nicht einfach mal akzeptieren sollte an Stelle sie zu einem tollen Erlebniss und Erfolg umzudeuten und zu inzinieren.
Sicherlich verstehen die beiden sich als Sportler – ich habe auch noch nirgendwo gelesen, dass sie ihre 2:45er-Zeit aus Rio irgendwo besonders lobend erwähnt haben. Sie wissen, wie viele andere auch, dass das nicht ihr bester Tag war. Aber vergräbt man sich deswegen im Erdboden? Einige vielleicht, andere aber nicht. Wenn ich meine sportlichen Ziele nicht erreicht habe, habe ich meinen Frust auch weggelächelt. Klar, sie hätten heulend ins Ziel laufen können oder einfach nicht finishen, aber wenn das nicht ihrem Naturell entspricht, dann eben nicht.
Wenn sich, wie du sagst, die Leistungssportler aufregen, frage ich mich, warum diese nicht einfach eine bessere Zeit gelaufen wären, statt jetzt zu motzen. Da steckt schon nen Menge Neid und Missgunst hintern.
Die Normen wurden nicht – wie Sie hier einfach behaupten – wegen der Zwillinge gesenkt. Die deutschen Olympiateilnehmer Philipp Pflieger und Julian Flügel hatten mit einer Klage gegen den DOSB/DLV gedroht. Erst nach Androhung dieser Klage der Marathon-Männer!!! wurden auch die Normen der Frauen gesenkt: http://www.faz.net/aktuell/sport/sportpolitik/geaenderte-olympianormen-die-entdeckung-der-lockerheit-14037786.html
Danke für diese Meinung! Denn mich regt es auch fürchterlich auf, dass die Hahner-Twins so fertig gemacht werden. Ob professionell hin oder her – einen Marathon in der Zeit läuft man nicht mal nebenbei ohne Training. Auch die beiden haben hart dafür arbeiten müssen. Und dass nicht jeder Tag perfekt sein kann, ist auch klar. Wäre es also besser gewesen, die beiden hätten das Rennen unter der Angabe „hab mich verletzt“ vorzeitig beendet, als sie gemerkt haben, dass sie weit unter ihrer Bestzeit finishen werden? Also, ich finde durchhalten und dafür Schmähkritik einstecken müssen, die mutigere Entscheidung. Und das Olympia ein Erlebnis ist, dass einen spontan zu – sagen wir mal – „verrückten/unüberlegten“ Aktionen verleitet, haben wir auch bei Christoph Harting gesehen. Es menschelt halt. Ist doch okay! Sie werden aus den Reaktionen gelernt haben und es das nächste Mal anders machen.
Den berühmten Zieleinlauf kann auch ich bei einer solchen Veranstaltung nicht verstehen, da man eigentlich bis zum Schluss voll durchziehen sollte. Genug ist aber auch genug und die Einzigen die wirklich etwas darüber sagen oder sich darüber aufregen dürfen sind die Trainer und Sponsoren. Ich respektiere die Beiden für Ihre Leistungen, denn solche Leistungen zu erbringen ist nur durch viele Entbehrungen und Disziplin möglich.
VG Patrick vom Laufblog http://patricksalm.de
Und warum bitte wendet sich schon der zweite erfahrene Trainer von den Hahners ab, weil er zu viel böse unqualifizierte Facebookkomentare gelesen hat, oder weil er ihnen mangelnde Einstellung zum Leistungssport attestiert?
Keine Ahnung, kenne weder die Zwillinge, noch deren Trainer (so gut), als dass sie mir ihre Gründe nennen würden.
Was ich aber weiß: Es muss passen, auf und neben der Laufbahn. Von beiden Seiten. Da bringt der beste Trainer oder beste Athlet nichts, wenn man sich nicht grün ist.