Wenn am Wochenende die Tour de France in der Region gastiert, geht vielerorts nichts mehr. Gerade in Düsseldorf sollte man auf das Auto verzichten. Wir waren am Mittwoch auf der zweiten Etappe unterwegs und können sagen, wo es am Sonntag besonders toll werden könnte (Route: https://www.google.de/amp/www.rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/grand-depart/interaktive-karte-strecke-der-2-tour-de-france-etappe-juli-2017-aid-1.6394826.amp).
Könnte deswegen, weil man wohl wetterfest eingepackt sein muss, um das Spektakel zu betrachten. Wem das nichts ausmacht, wird auf seine Kosten kommen. Ein wahrer Genuss, gerade für kleine Radsport-Fans, ist die Werbe-Kolonne, die rund zwei Stunden vor dem Feld über die Straßen fährt. Das ist Karneval im Sommer: Toll (http://www.rp-online.de/nrw/staedte/moenchengladbach/tour-de-france-2017-das-erwartet-sie-bei-der-werbekarawane-aid-1.6910846).
Unsere (bzw. meine, ich konnte leider keine Mitstreiter für den Höllenritt gewinnen) Tour beginnt in Düsseldorf ab dem HBF. Hier war am Mittwoch noch nicht zu erkennen, was am Wochenende abgehen wird, aber das kann ja noch kommen.
https://youtu.be/RzsMPtAPTIw
Die Etappe am Sonntag beginnt bekanntlich mit dem Einrollen in der Innenstadt, ehe es dann nach einigen Kilometern richtig losgeht. Anders als die Fahrer muss ich natürlich bei jeder Ampel halten. Und davon gibt es zunächst reichlich. Das ist ätzend, weil es jedes Mal bedeutet, aus der Pedale zu steigen. Hinzu kommen die zahlreichen Auto- und LKW-Fahrer, die wenig bis gar keine Rücksicht nehmen. Ich steige vom HBF kommend nach fünf KM endlich auf der Graf-Recke-Straße ein und habe schon gleich den ersten leichten Anstieg Richtung Galopprennbahn vor mir. Die folgende Abfahrt gehe ich gemächlich an, da es nass ist und die Bremsen kaum greifen. Sie würden auch wenig helfen, da die glatten Reifen auf dem Asphalt eh keinen Griff bekommen würden.
Durch Gerresheim geht es dann nach Erkrath. Hier, wie nahezu überall, nutze ich den Radweg, da vorbeirasende Autos und LKW keinen Spaß machen. Was ebenfalls noch auffällt: Die Städte putzen sich heraus. Vielerorts werden Hecken gestutzt und Rasen gemäht.
Erkrath lasse ich schnell hinter mir, bis auf ein in den französischen Nationalfarben angemaltes Fahrrad deutet auch hier noch nichts auf die Tour hin (die überall aufgehängten Parkverbotsschilder lasse ich mal außen vor).
Auf dem Weg nach Mettmann geht es durch das Neandertal und am gleichchnamigen Museum, geschmückt mit Rädern und großen Trikots, vorbei. Teilnehmer des Neandertal-Laufs werden einen Teil der Strecke kennen.
Ratingen wird nur am Rande gestriffen, einen Wimpernschlag später ist man schon wieder zurück in Ddorf und quält sich durch die Innenstadt.
Über die Theodor-Heuss-Brücke fährt das Peloton endlich auf die richtige Rheinseite, mich lotste das Navi dagegen über die Oberkasseler Brücke, weil erstere wohl nicht per Rad befahren werden darf. Am Sonntag geht das, natürlich auch, um den Zuschauern die schöne Rheinseite in Oberkassel zu zeigen.
Über Lueg- und Hansaallee Rolle düse ich schnell nach Lörick und schwupps nach Büderich. Hier wehen schon die ersten Fähnchen, schick. Das führte dann aber wahrscheinlich dazu, dass ich mich, derart geblendet, in Neuss verfuhr. Statt die Route durch die City zu rollen, schrammte ich nur daran vorbei.
Umso genauer nahm ich es dafür in der Traditionsbehafteten-Radfahrer-Stadt Büttgen, wo die Tour gefühlt mitten übern Markt und dann über eine Rechts-Links-Kurve führt. Absolut ein Highlight, auch weil der beheimatete VfR Büttgen eine besondere Aktion plant und so für kurze Zeit im Rampenlicht der Welt steht.
An Kleinenbroich und Korschenbroich vorbei sind wir dann auch schon schnell in Mönchengladbach, dem Ort der ersten Spurtwertung. Auf der Bismarckstraße mit Blick auf die Kaiser-Friedrich-Halle werden die Fahrer erstmals um Punkte für das grüne Trikot rasen. Für mich sah die Sache anders aus: Eine rote Ampel folgte der nächsten, schrecklich.
Ganze 20km verläuft die Tour durch MG. Nach der City werden Rheydt, Wickrath (vom Schloss sieht man nur wenig) und Wickrathberg sowie Wanlo durchfahren, zum Teil mit spannenden Kurven und über schmale Straßen. Für die Zuschauer absolut sehenswert.
Dann aber wird es laaaaangweilig. Acker um Acker reiht sich jetzt aneinander, und ja, man muss die Frage ob dieser Einöde stellen, warum man sich nicht den Spaß gönnte, durch die Geisterstadt Immerath zu fahren?! Bekanntlich fällt das Dörfchen wie einige andere in der Umgebung bald dem Braunkohleabbau Garzweiler II zum Opfer und ist schon leergeräumt. Die Rolladen sind herunter, aber was wäre das für eine tolle Möglichkeit gewesen, sich ein letztes Mal vom Ort zu verabschieden? Stattdessen stehen an den Ortseingängen Durchfahrtsverbotsschilder. Die Fahrer sehen das Dorf dennoch aus der Ferne, wenn sie denn den Blick nach links schweifen lassen. Ob sich jemand wundern wird, dass dort an einem Sonntag im Juli alle Fenster verrammelt sind?
Über laaaange Landstraßen wird jetzt gebrettert, und, sollte das Wetter ansatzweise wie am Mittwoch sein, wird dabei steifer Westwind den Fahrern ins Gesicht wehen. Während auf der linken Seite die mächtige Sophienhöhe die Fahrer nicht mehr loslässt, geht es durch Titz, Mersch, Jülich und Aldenhoven. Oder auch Schleiden, Hoengen und Linden. Ein, zwei neckische Steigungen wurden dabei eingebaut, ehe schließlich nach Weiden und Würselen Aachen im schönen Schuss erreicht wird. Zur eigenen Sicherheit wählte ich auch hier den Radweg, aber das Feld wird hier am Sonntag so megakrassschnell heizen, dass wooooohaaaaah.
Und das war es für mich auch schon: Denn da ich am Mittwochabend noch den Knaller TSV Bockum gegen Fortuna Düsseldorf sehen wollte, stieg ich in Aachen vom Rad und nahm den Zug zurück nach Krefeld (und da ich mich beeilen musste, gibt es auch keine Fotos oder Videos aus der Domstadt). 142 km zeigte mein Tacho inkl 700 Höhenmeter an, rund 60 wären es noch bis nach Lüttich gewesen. Inklusive einiger ungemütlicher Anstiege auf dem Weg dort hin. Aber das überlasse dann doch lieber den Profis. 😜